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1. Was darf der Arbeitgeber bei einem Bewerbungsgespräch fragen? Wozu muss ich als Arbeitnehmer keine Angaben machen?

Ehe es zu einem Abschluss eines Arbeitsvertrags kommt, steht in der Regel ein Bewerbungsgespräch an.

Dabei sind Arbeitsgeber häufig daran interessiert, möglichst viele und wichtige Informationen über die Bewerber, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, in Erfahrung zu bringen.

Es stellt sich hier die Frage, welche Fragen der Arbeitgeber tatsächlich stellen darf und ab wann die Grenzen dieses Fragerechts überschritten sind.

Wie verhält es sich grundsätzlich?

Dem Arbeitgeber wird ein Fragerecht gewährt, sofern im Bewerbungsverfahren ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung der Fragen besteht.

Hierzu muss eine Verbindung zwischen den gewünschten Informationen und den geschuldeten arbeitsvertraglichen Leistungen, sonstigen Verpflichtungen des Arbeitnehmers oder der Pflichtenbildung des Arbeitgebers vorliegen.

Bewerber haben die Verpflichtung wahrheitsgemäß auf Fragen der Arbeitgeber zu antworten.

Allein durch die Aufnahme von Verhandlungen bezüglich eines Arbeitsvertrags wird eine Wahrheits- und Treuepflicht auf Seiten der Bewerber begründet.

Da allerdings einige Fragen den Bereich der Privatsphäre betreffen können, hat die Rechtsprechung und Literatur einen Katalog an zulässigen und unzulässigen Fragen entwickelt.

Was ist zulässig und was nicht?

Hierbei ist eine Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an Informationen über den Bewerber und dem Interesse des potentiellen Arbeitsnehmers am Schutz des Persönlichkeitsrecht und zur Sicherung der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre vorzunehmen. Zulässig sind dabei Fragen bei denen das Interesse des Arbeitgebers überwiegt.

So hat sich herauskristallisiert, dass folgende Fragen betreffend bestimmter Themen zulässig sind:

  • dem beruflichen oder schulischen Werdegang
  • Zeugnissen

  • frühere Arbeitgeber

  • der Dauer der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse oder

  • mögliche Wettbewerbsverhältnisse

  • Alkohol- und Drogenabhängigkeit

  • Krankheitszustand/(Schwer-)Behinderung, durch die beabsichtigte Tätigkeit auf Dauer oder periodisch eingeschränkt wird, Urteil des BAG vom 07.06.1984 – 2 AZR 270/83

  • einschlägige Vorstrafen, sofern der zu besetzende Arbeitsplatz dies erfordert (Bsp. Bankangestellter wegen Vermögensdelikte oder ein LKW-Fahrer nach Verkehrsdelikten)

  • Gewerkschaftszugehörigkeit

Aufgrund der aktuellen Probleme mit der Coronapandemie ist weiterhin nicht höchst richterlich geklärt, ob die Frage bezüglich des Impfstatus‘ zulässig ist.

Am 07.09.2021 hatte der Bundestag eine Erweiterung des § 36 Abs. 3 IfSG verabschiedet, welche es dem Arbeitgeber in mehreren Einrichtungen ermöglicht, personenbezogene Daten des Arbeitnehmers über dessen Impfstatus zu verarbeiten, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu entscheiden.

Die betroffenen Bereiche werden einzeln in den §§ 36 Absatz 1 und 2 , 33 IsfG aufgezählt.

Die Voraussetzungen hierfür sind eben die Tätigkeit in einem entsprechenden Arbeitsbereich sowie das Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 IsfG.

Demnach besteht auf Seiten des Arbeitgebers in diesen Bereichen ein Fragerecht und im Zweifel auch das Verlangen eines Nachweises.

Die Ausdehnung des Fragerechts auf weitere Berufsfelder wird aktuell diskutiert, allerdings wurde hierzu noch keine einheitliche Lösung gefunden.

Jedoch haben sich auch Fragen herauskristallisiert, die nicht erlaubt sind.

Solche Fragen betreffen Eigenschaften, Persönlichkeitsmerkmale oder Einstellungen, die die Bewerber schlechter als andere Mitbewerber darstellen lassen können, und sind somit unzulässig:

Wie soll man sich nun verhalten, falls der Arbeitgeber unzulässige Fragen stellt?

Bewerber müssen diese Fragen nicht beantworten.

Vielmehr besteht sogar die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen nicht mehr.

Den Arbeitnehmern steht das „Recht zur Lüge“ zu, so dass eine unwahrheitsgemäße Beantwortung der Frage rechtlich möglich ist.

Grundsätzlich könnte der Arbeitgeber im Falle einer unwahren Beantwortung den Arbeitsvertrag gemäß § 123 Abs. 1 BGB anfechten. Wenn allerdings eine unzulässige Frage unwahr beantwortet wurde, hat die Anfechtung keine Aussicht auf Erfolg und der Arbeitsvertrag bleibt bestehen, so das BAG mit Urteil vom 06.02.2003 – 2 AZR 621/0.

2. Die Impfpflicht für Beschäftigte in Heil- und Pflegeberufen

Der Bundestag hat am 10. Dezember 2021 in seinem Gesetzesentwurf zur „Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“ unter Anderem beschlossen, dass ab dem 15. März 2022 eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt.

Gemäß § 20a Infektionsschutzgesetz sind Arbeitnehmer der Heil- und Pflegeberufe ab dem 15. März 2022 dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber eine zweifache Impfung, eine Genesung oder eine ärztliche Bescheinigung, darüber, dass eine Impfung nicht möglich ist vorzuweisen.

Sollte nichts dergleichen vorhanden sein, darf der Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden.

Für bestehende Arbeitsverhältnisse und jene, die noch bis zum 15. März 2022 eingegangen werden, sind die Nachweise bis zum 15. März 2022 vorzulegen. Werden neue Tätigkeitsverhältnisse ab dem 16. März 2022 aufgenommen, ist dies ausschließlich unter Vorlage eines Nachweises möglich.

Was müssen Arbeitgeber der Heil- und Pflegeberufe beachten?

Arbeitgeber betroffener Berufsgruppen stehen vor keiner leichten Aufgabe. Je früher sie ihre Mitarbeiter überzeugen können, sich impfen zu lassen, umso vorbereiteter sind sie auf die gesetzliche Umstellung. Das kann beispielsweise durch Aufklärung oder unter Einräumung von Bonuszahlungen und ähnlichen Anreizen erfolgen.

Dem Arbeitgeber sollte die Sensibilität dieses Themas bewusst sein. So ist zu befürchten, dass zum einen der Betriebsfrieden gefährdet werden könnte und zum anderen der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aufgibt und kündigt.

Im schlimmsten Fall kommt es zu einer unbezahlten Freistellung des Arbeitnehmers, sobald die Impfpflicht für Beschäftigte der Heil- und Pflegeberufe greift. Die Freistellung wird zulässig sein, da der Arbeitnehmer weder anderweitig im Betrieb eingesetzt werden noch im Home-Office arbeiten kann.

Ob eine Kündigung nach dem 15. März 2022 zulässig sein wird, ist noch fraglich. Jedenfalls fristgemäß wird der Arbeitgeber nach Ausspruch einer Abmahnung kündigen dürfen, wenn es keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer gibt.

Was haben Arbeitnehmer zu beachten?

Bis zum 15. März 2022 hat der Arbeitgeber noch keine rechtliche Befugnis, Arbeitnehmern wegen ihres Impfstatus zu kündigen oder sie unbezahlt freizustellen.

Sollte der Arbeitgeber aus besagten Gründen schon vor dem 15. März 2022 unbezahlt freistellen oder eine Kündigung aussprechen, wird der Arbeitnehmer höchstwahrscheinlich erfolgreich dagegen vorgehen können.

Fragestellungen, welche dieses Thema beinhalten, sind neu und müssen oft noch vor Gericht entschieden werden.

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, sollten Sie sich an einen Anwalt wenden, der Sie bei allen wichtigen Dingen unterstützen und Ihnen beratend zur Seite stehen wird.

Rechtsanwalt Justus EikelRechtsanwalt
JUSTUS EICKEL
Tel. (05251) 28899-0
Fax (05251) 28899-29
justus.eikel@rehmann.de
Bahnhofstraße 32, 33102 Paderborn

 

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