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Trotz vertraglicher Regelungen verfällt der Urlaubsanspruch nicht. Der EuGH hat mit den Urteilen vom 06.11.2018, Az. C-684/16, und 22.09.2022, Az. C-120/21, höchstrichterlich entschieden, dass der Urlaub eines Arbeitnehmers auch dann nicht verfällt, wenn der Arbeitnehmer keinen Antrag gestellt hat.

Er stellte klar, dass es die Aufgabe des Arbeitgebers sei, den Urlaub zu gewähren, und verpflichtet ihn zum Nachweis bzw. Hinweis. Zudem stellte er fest, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren keine Anwendung auf Urlaubsansprüche findet.

 

Vertragliche Regelungen gelten nur eingeschränkt

Sowohl gesetzlich als auch häufig vertraglich ist geregelt, dass der Urlaub des Vorjahres bis spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres zu nehmen ist, da er ansonsten verfällt. Doch durch die vorgenannten Entscheidungen gilt diese Regelung nicht mehr uneingeschränkt.

Vielmehr muss der Arbeitgeber nunmehr nachweisen, dass er den betroffenen Arbeitnehmer über den zu erwartenden Verfall seiner Urlaubstage aufgeklärt hat und ihm die Möglichkeit geboten hat, den Urlaub zu nehmen.

 

Arbeitgeber muss aufklären und erinnern

Dieser Aufklärungspflicht ist nicht genüge getan, indem man den Arbeitnehmer mittels der vertraglichen Regelung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses darauf hinweist, dass Resturlaubstage am 31.03. des Folgejahres verfallen. Vielmehr bedarf es hier einer rechtzeitigen, jährlichen und schriftlichen Aufklärung über die restlichen Urlaubstage des Kalenderjahres, dem bevorstehenden Verfall der Tage und der Aufforderung, den Urlaub zu nehmen.

Nur wenn der Arbeitgeber dieser Aufklärungspflicht nachkommt, kann der Urlaubsanspruch und der mögliche Abgeltungsanspruch des Urlaubs verfallen. Der Bundesarbeitsgerichtshof hat dies nun mit Urteil vom 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20,
bestätigt. Der Senat führt weiter aus, dass sich Arbeitgeber ohne einen solchen Hinweis auch nicht auf die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB berufen können.

Übrigens: Zur Frage Wann verfällt Urlaub bei Krankheit haben wir einen eigenen Blog-Artikel geschrieben.

 

Welche Auswirkung haben diese Entscheidungen nun für bestehende Arbeitsverhältnisse und vermeintlich verfallene Urlaubstage?

Der BAG-Entscheidung aus dem Dezember lag ein Rechtsstreit einer Steuerfachangestellten gegen ihren Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Solingen zu Grunde. Das Arbeitsverhältnis bestand vom November 1997 bis 2017. Über den gesamten Zeitraum war es der Arbeitnehmerin aufgrund der hohen Auftragslage nicht möglich, den jährlichen Urlaub in Gänze zu nehmen, so dass aus den Vorjahren bis 2017 noch 101 Urlaubstage ausstanden.

Erstinstanzlich unterlag die Klägerin, jedoch kippte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die vorausgegangene Entscheidung und sprach der Steuerfachangestellten die Abgeltung der 101 Urlaubstage zu. Hiergegen legte der Arbeitgeber Revision ein und unterlag abermals vor dem Bundesarbeitsgericht. Das Argument des Arbeitgebers, dass die Aufklärungs- und Hinweispflicht in den vorherigen Jahren von den Gerichten nicht aufgestellt wurde, fand keine Beachtung.

 

Wie erfüllt der Arbeitgeber seine Aufklärungs- und Hinweispflicht?

Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer rechtzeitig, regelmäßig und eindeutig den schriftlichen Hinweis erteilen, dass sein Urlaubsanspruch verfallen wird. Außerdem muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern, den Urlaub zu nehmen. In den genannten Entscheidungen wurde jedoch nicht festgestellt, wann dieser Hinweis zu erfolgen hat.

Da jedoch der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit bieten muss, den ihm noch zustehenden Urlaub zu nehmen, sollte der Arbeitgebers nicht erst unmittelbar vor dem Verfall darauf hinweisen.

 

Fazit

Besonders als Arbeitgeber ist Vorsicht geboten, da z. B. bei ungenauer Formulierung des Hinweises an die Arbeitnehmer der Urlaubs- und ggf. Abgeltungsanspruch nicht verfällt. In vielen Fällen lohnt es sich daher, anwaltlichen Rat einzuholen. Kontaktieren Sie uns hierfür gerne, wir besprechen Ihren Einzelfall mit Ihnen. Gerne auch telefonisch unter 05251 28899-0.

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